Aldi-PC kommt ins Haus der Geschichte

Aldi-PC
© Martin Gerten/dpa

Discounter-PC im Museum

Bonn (dpa) - In Deutschland, dem Land der Schnäppchenjäger, wurde der Aldi-PC vor knapp 30 Jahren zu einem echten Phänomen. Ab dem Jahr 1995 standen die Kunden an bestimmten Aktionstagen oft stundenlang vor den Türen des Discounters, um dort einen erschwinglichen Computer zu ergattern. Nun kommt der Aldi-PC in eines der meistbesuchten Museen in Deutschland. 

Das Haus der Geschichte der Bundesrepublik in Bonn zeigt von heute an einen Tower-PC mit Disketten- und CD-Rom-Laufwerk von Aldi aus dem Jahr 1997, den das Museum bereits 2009 von einem privaten Stifter aus Köln erhalten hatte. Mit diesem Rechner wird ein erster Teil einer neuen Dauerausstellung eröffnet, die an dieses bedeutende Detail der Technikgeschichte in Deutschland erinnert.

Start im November 1995

Die Supermarktkette hatte erstmals im November 1995 einen IBM-kompatiblen Computer im Sortiment. Der Erfolg hielt sich zunächst noch in Grenzen. Die Hardware des PCs war zwar vergleichsweise leistungsstark. Der Rechner wurde aber mit dem damals bereits veralteten Betriebssystem Windows 3.11 ausgeliefert. Attraktiver wäre das neue Windows 95 gewesen, das Microsoft-Mitbegründer Bill Gates drei Monate zuvor mit großem Tamtam präsentiert hatte.

Seinen großen Durchbruch erlebte der Aldi-PC zwei Jahre später. In dem Rechner von Medion steckte ein Pentium-166-Chip von Intel. Die Zahl 166 stand für die Taktfrequenz in Megahertz, mit der der Prozessor betrieben wurde. Der PC und ein 15-Zoll-Monitor kosteten im Paket knapp 1.800 D-Mark (rund 920 Euro).

Schnäppchenkampf mit Schreckschusspistole

Das Schnäppchenrennen geriet manchmal auch außer Kontrolle. In Konstanz kämpften im November 1997 zwei Männer mit den Fäusten um den letzten PC-Karton im Regal. Dabei zog sich ein 36-jähriger Kunde eine Platzwunde am Kopf zu. Der Verletzte gab sich jedoch nicht geschlagen und erzwang mit gezückter Schreckschusspistole die Herausgabe des PCs. Mit nach Hause nehmen durfte er den PC allerdings nicht, denn an der Kasse nahm ihn die inzwischen herbeigerufene Polizei vorläufig fest.

In der Regel war die Schnäppchenjagd allerdings weniger handgreiflich. In den folgenden Jahren konnten Aldi und der Hauslieferant Medion regelmäßig Zehntausende PCs absetzen. Und auch die Konkurrenz von Lidl, Norma und anderen Discountern hatten zwischen Gemüse, Toilettenpapier und H-Milch auch Personal Computer im Sortiment.

Computerhändler in der Defensive

Die Leidtragenden dieser Discounter-Offensive waren traditionelle Computerhändler wie die Firma Schadt Computertechnik. Das Stuttgarter Unternehmen versuchte eine Zeit lang, mit eigenen kreativen Aktionen die Angebote von Aldi und Co. zu kontern und bot zeitweise Gummibärchen, Duschcreme und Schokolade deutlich unter Einkaufspreis an. In der Werbekampagne hieß es dazu: «Computer kauft man beim Fachhändler, nicht beim Gemüsehändler». Die Discounter hatten allerdings den längeren Atem. 1998 wurde das Konkursverfahren gegen Schadt eröffnet.

Eine Art «Volks-PC»

Das Haus der Geschichte stellt nun den Aldi-PC in seiner zeithistorischen Sammlung aus, in der die markanten Veränderungen des täglichen Lebens mit Originalobjekten dokumentiert werden. «Der Aldi-PC entwickelte sich dank des relativ geringen Preises und einer wettbewerbsfähigen Ausstattung zu einer Art "Volks-PC", denn er ermöglichte nahezu allen sozialen Schichten den Einstieg ins Informations- und Internetzeitalter», sagte eine Sprecherin des Museums.

© dpa-infocom, dpa:250923-930-72363/1
Aldi-PC
Das gute Preis-Leistungs-Verhältnis der Aldi-PCs lockte viele Kunden an. (Archivbild)© picture-alliance / dpa
Das gute Preis-Leistungs-Verhältnis der Aldi-PCs lockte viele Kunden an. (Archivbild)
© picture-alliance / dpa

Weitere Meldungen

skyline