Kaum Arbeitszeit, viele Konferenzen: Die Meeting-Plage und was Unternehmen besser machen können

Wissenschaftler haben das bewiesen, was sich der eine oder andere gedacht hat: Ineffiziente Besprechungen, also ständige Meetings ohne wirklichen Grund, sind schädlich für Unternehmen - und sowieso Zeitverschwendung.

(dpa) - Manager und Mitarbeiter verbringen einen steigenden Teil ihrer Arbeitszeit in Besprechungen - mit potenziell schädlichen Folgen für Unternehmen und Motivation der Belegschaft. Wissenschaftler und Unternehmensberater gehen davon aus, dass die Corona-Pandemie in vielen Unternehmen den Langfristtrend einer stetig wachsenden Zahl von Meetings befördert hat. Der von ineffizienten Besprechungen verursachte Schaden kann demnach weit über die reine Zeitverschwendung hinausgehen. "Die Frequenz von Meetings hat in den letzten Jahren stetig zugenommen, auch als Folge der zunehmenden organisationalen Komplexität", sagt Nale Lehmann-Willenbrock, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Hamburg.

Die Gründe für ineffiziente Meetings und Konferenzen

  • "Es gibt ein paar Trends, die dazu geführt haben, dass Meetings während der Corona-Krise ineffizient wurden", sagt Philipp Kolo, Personalexperte bei der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG). "Mehr Leute in einem Meeting zuzuschalten, ist in einer Videokonferenz sehr einfach. Das hat Vorteile, es bedarf aber auch einer sehr viel höheren Stringenz im Meetingmanagement." Häufige Klagen: eine zu große Teilnehmerschar, überflüssige Wortmeldungen, mangelnde Struktur. "Es gibt Führungskräfte, die verbringen 80 bis 90 Prozent ihrer Arbeitszeit in Meetings", sagt Kolo. "Das ist nicht effizient, denn sie sollen ja auch inhaltlich arbeiten und brauchen Zeit für ihre Teams."
  • "Eine Führungskraft muss nicht den gesamten Stab an Mitarbeitern in ein Meeting mitschleppen, denn entweder kann die Führungskraft eine Entscheidung selbst treffen, oder die Entscheidung einem Mitarbeiter übertragen", sagt Kolo. "Das ist auch ein Absicherungsthema in vielen Unternehmen. Je mehr Teilnehmer ein Meeting hat, desto weiter werden die Verantwortlichkeiten verteilt." Firmeninterne Politik oder aber auch Machtspiele spielen demnach auch eine große Rolle wie das eigentliche Thema der Besprechungen
  • Forscherin Nale Lehmann-Willenbrock hat noch einen weiteren Ansatz: "Der mangelnde Return on Investment bei Meetings betrifft insbesondere Führungskräfte, da diese besonders viel Arbeitszeit in unterschiedlichen Meetings verbringen und gleichzeitig höhere Personalkosten erzeugen", sagt Professorin Lehmann-Willenbrock. "'Schwafelige' Meetings sind aber auch schädlich für die das psychologische Wohlbefinden und das Engagement der einzelnen Mitarbeitenden, wie wir in unserer Forschung zeigen konnten."

Welche Verbesserungsvorschläge es gibt

  • BCG-Personalexperte Kolo meint: "Wichtig ist die Strukturierung des Meetings, die Reduzierung der Teilnehmerzahl, und die Begrenzung der Zeit. Und: Dass ganz klar ist, was jeder Teilnehmer beitragen kann und soll." Am Ende des Meetings sollten die To Dos festgelegt sein, inklusive Verantwortlichkeiten und Zeitplan.
  • Der Berater verweist auf die großen US-Techkonzerne, in der Unternehmenswelt bekannt für ihre straffen Vorgaben. Ein Beispiel sind die bei Amazon üblichen "Two Pizza Teams". Eine Arbeitsgruppe samt ihrer Meetings soll nicht mehr Mitglieder haben, als von zwei Pizzen satt werden. "Denn bei mehr als zehn Personen verliert erfahrungsgemäß der Planungsprozess an Effektivität, Qualität und Produktivität", sagt eine Sprecherin von Amazon Deutschland. Ein Amazon-Meeting dauert daher nie länger als 45 oder 60 Minuten, die Zeit soll immer eingehalten werden.
  • Mitunter genügen auch ganz einfache Schritte, um Meeting-Wildwuchs in mittlerem Management und Belegschaft zu bekämpfen: "Manche Unternehmen räumen die Stühle aus ihren Meetingräumen und stellen Stehtische hinein", sagt BCG-Berater Kolo. "Dann gibt es keine Meetings mehr, in denen die Leute sitzen, Kaffee trinken und Kekse essen."

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